
Als Lehrerin oder Lehrer kommt man an sozialen Kompetenzen nicht vorbei. Soft Skills nehmen im Lehrberuf einen besonderen Stellenwert ein. Sie sind eine Ergänzung zum Fachwissen. Zu den wichtigsten Eigenschaften zählen beispielsweise die Fähigkeit zum Improvisieren oder Freude am Umgang mit Kindern und Jugendlichen. Diese Kompetenzen sind im Berufsalltag von Lehrerinnen und Lehrern ein hohes Gut.
Im Kontext des Lehrberufs kommt der Begriff 'Autorität' häufig zur Sprache. Welche Gedanken kommen dir bei dem Schlagwort 'Autorität' spontan in den Sinn? Sind es positive, neutrale oder eher negative Assoziationen? Diese einleitenden Fragestellungen kommen nicht von ungefähr: In vielen Fällen bringen sowohl Lehrpersonen als auch Mitglieder der Schülerschaft mit dem Wort 'Autorität' negative Charakterzuschreibungen wie Strenge oder ein Mangel an Empathie in Verbindung. Dieser Artikel möchte die Lanze für die Autorität brechen und sich um eine Richtigstellung bemühen. Neben der Differenzierung zwischen Autorität und Strenge werden die Ursachen für das Missverständnis von Autorität erörtert.
Definition: Was ist Autorität?
Der Begriff 'Autorität' beschreibt die Außenwirkung eines Individuums auf sein unmittelbares soziales Umfeld. Eine als Autorität anerkannte Person besitzt die Fähigkeit, andere Menschen von sich und ihren fachlichen Stärken zu überzeugen. Sie wirkt auf ihre Mitmenschen glaubhaft und ist fachlich kompetent. Die Herkunft des Wortes 'Autorität' geht auf die lateinische Vokabel 'autoritas' oder auch 'auctoritas' zurück, was so viel wie 'Würde', 'Ansehen' und 'Einfluss' bedeutet.
Mit Autorität wird zum Beispiel ein souveränes Auftreten in Verbindung gebracht. Das kann bereits beim Einstieg in den Beruf vorhanden sein oder im Laufe des (Berufs-)Lebens erworben werden. Durch fachliche und soziale Fähigkeiten erweist sich die betreffende Person als verlässlich, fachlich versiert und vertrauenswürdig. Infolgedessen wird ihr Anerkennung zuteil, was sie zur Autorität macht. Dieser Stand macht sie automatisch zu einer Persönlichkeit, die auf ihre Mitmenschen Einfluss hat. Letzterer ist ihrem Verhalten und ihrer Außenwirkung zu verdanken.
Was macht eine Autoritätsperson aus?
Eine als Autorität anerkannte Person ist sich ihrer Vormachtstellung bewusst. Dieses Bewusstsein versetzt sie in die Lage, eine Hierarchie herzustellen. Die Autorität ist weisungsbefugt. Sie gibt Anweisungen, welche von denen ihr untergeordneten Personen zu befolgen sind. Im umgekehrten Fall erkennt die Gruppe dieser Personen die übergeordnete Position der Autoritätsperson an. Diese Anerkennung ist unbedingt notwendig, damit Anordnungen befolgt und den Vorgaben entsprechend umgesetzt werden. Auch die Autoritätsperson ist sich des vorherrschenden Machtgefälles im Klaren. Sie setzt ihre übergeordnete Position jedoch nicht missbräuchlich ein, sondern ist am Wohlergehen aller Beteiligten interessiert. Wer als Autorität anerkannt ist, verlangt keinen blinden Gehorsam. Stattdessen werden die Beteiligten von der Sinnhaftigkeit der Regeln oder Aufgaben überzeugt.
Als Autoritätsperson hat man eine Vorbildfunktion. Aus diesem Grund verhalten sich verantwortungsbewusste Autoritätspersonen vorbildlich: Im Idealfall nehmen sich die untergeordneten Personen an dem Verhalten der Autorität ein positives Beispiel.
Weshalb kommt es im Lehrberuf auf Autorität an?
Lehrerinnen und Lehrer treten täglich mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Einen Großteil ihrer Zeit am Arbeitsplatz verbringen sie mit der Schülerschaft. Zwischen den Unterrichtsstunden und bei Konferenzen arbeiten sie mit den Mitgliedern aus dem Kollegium zusammen.
Als Lehrerin oder Lehrer nimmst du eine 'Vormachtstellung' ein: Während des Unterrichts gibst du Anweisungen, beurteilst die Leistungen der Klassenmitglieder und trägst zugleich die Verantwortung für deine Schützlinge. Diese 'Lehrerpflichten' setzen die Anerkennung als Respektsperson voraus: Sowohl die Mitglieder des Kollegiums als auch der Schülerschaft bringen einer als Autorität anerkannten Person Achtung, Wertschätzung und Respekt entgegen. Die Anweisungen solch einer Lehrkraft werden befolgt und ihren Wünschen entsprechend umgesetzt.
Warum ist der Begriff 'Autorität' oft negativ konnotiert?
Achtung, Verwechslungsgefahr: Im Alltag wird das Wort 'Autorität' häufig mit dem Adjektiv 'autoritär' gleichgesetzt. Genau darin gründet das Missverständnis: Eine als Autorität wahrgenommene Person genießt bei ihren Mitmenschen ein hohes Ansehen. Wer hingegen als autoritär gilt, ist dominant, streng und bisweilen kompromisslos. Deshalb ist 'Autorität' von der Wortbedeutung her auf keinen Fall mit 'autoritär' gleichzusetzen.
Eine autoritäre Person kann durchaus eine Autorität sein. Es ist jedoch nicht selten der Fall, dass mangelnde Kompetenzen oder fehlende Soft Skills mit einem bewusst autoritären Auftreten ausgeglichen werden. Dieser Ausgleich trägt zusätzlich zu einer negativen Konnotation des Begriffs bei: Der Einfluss als Lehrerin oder Lehrer dient einem reinen Selbstzweck und wird in Form von autoritärem Verhalten vor der Klasse daher falsch angewandt.
Autorität und autoritäres Auftreten – was sind die Unterschiede?
Vor der Unterscheidung zwischen Autorität und autoritärem Verhalten muss auf einen Umstand hingewiesen werden: Nicht jede als Autorität anerkannte Person lässt ein strenges Regiment walten. Anders als ein autoritärer Charakter hat eine Autorität einen erheblichen Vorsprung in der Interaktion mit ihren Mitmenschen. Im Alltag einer Lehrkraft handelt es sich bei den Mitmenschen um die Personen, denen man täglich begegnet – der Schülerschaft und den Mitgliedern aus dem Kollegium.
Ein autoritärer Erziehungsstil gründet auf einem starren Regelwerk. Im schulischen Kontext sind es die Schul- oder Klassenregeln. Mit dem Sanktionieren von Regelverstößen soll in der Klasse für 'ordentliche Verhältnisse' gesorgt werden. Eine autoritäre Lehrperson hat keinen positiven Einfluss auf die Schülerinnen und Schüler. Die Klassenmitglieder respektieren sie nicht aufgrund ihrer fachlichen oder sozialen Fähigkeiten, sondern begegnen der Lehrkraft mit Angst. Schul- oder Klassenregeln werden nicht aus einer Überzeugung heraus befolgt. Die Furcht für Sanktionen ist für das Befolgen ausschlaggebend. Somit kann ein autoritäres Auftreten vor der Klasse als alte oder veraltete Autorität beschrieben werden.
Außenwirkung einer autoritären Lehrkraft
Autoritäre Lehrerinnen und Lehrer wahren eine innere Distanz zu ihrer Schülerschaft. Sie erinnern die Klassenmitglieder oft in einem mahnenden Tonfall an die geltenden Regeln. Ein Nichtbefolgen wird umgehend sanktioniert, um die übrigen Schülerinnen und Schüler von einem Regelverstoß abzuhalten.
Das stereotype Bild der autoritären Lehrkraft im fortgeschrittenen Alter ist nicht immer zutreffend. Aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung werden oft gerade die älteren Lehrerinnen und Lehrer als Autoritäten anerkannt. Junge Lehrkräfte müssen sich in dieser Hinsicht erst beweisen. In manchen Fällen versuchen sie es mit einer bewusst autoritären Unterrichtsführung. Diese Methode kann ihnen zum Renommee als Autorität verhelfen oder sich als falsche Herangehensweise herausstellen.
Die Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler hängt vom Fachwissen der Lehrperson ab. Eine fachkundige, aber dennoch autoritäre Lehrkraft gilt auf ihrem Fachgebiet meistens als Experte. Auf zwischenmenschlicher Ebene liegen jedoch Defizite vor, die weder der Schülerschaft noch den Kolleginnen und Kollegen verborgen bleiben.
Außenwirkung einer als Autorität anerkannten Lehrkraft
Eine als Autorität angesehene Lehrperson strahlt ein hohes Maß an Souveränität aus. Sie ist in der Lage, ohne ständige Ermahnungen in der Klasse für Ruhe zu sorgen. Allein ihre Außenwirkung verschafft ihr den nötigen Einfluss, der ihr in der Position als Lehrkraft zukommt.
Wenn die Schülerschaft ihre Lehrkraft als Autorität anerkennt, bringt sie ihr Respekt entgegen. Die Schülerinnen und Schüler erkennen die Lehrperson als weisungsbefugte Instanz an. Diese Anerkennung schließt eine Sympathie für die betreffende Lehrkraft keineswegs aus. Für die Unterrichtsführung ist sie sogar von Vorteil: Einer charismatischen Lehrperson gelingt es wesentlich besser, Einfluss auf die Schülerschaft zu nehmen. Sie kann die Klassenmitglieder leichter vom Sinn und Zweck der geltenden Regeln überzeugen. Darin unterscheidet sie sich von den autoritären Kolleginnen und Kollegen.
Schlusswort
Die Wertschätzung als Autorität ist nicht gleichzusetzen mit der Außenwirkung als autoritäre Persönlichkeit. Trotz der fast identischen Schreibweise gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Begriffen 'Autorität' und 'autoritär'. Der Begriff 'Autorität' nimmt Bezug auf eine positive Außenwirkung. Im Gegensatz dazu steht die Bezeichnung 'autoritär' für charakterliche Eigenschaften, welche von den Mitmenschen zumeist als negativ empfunden werden. Ein autoritärer Charakter sieht sich gezwungen, seine Rolle in einer leitenden Position unter Beweis zu stellen. Diese Auffassung kann begründet oder unbegründet sein. Manche als autoritär wahrgenommenen Lehrkräfte sind bei den Mitgliedern aus dem Kollegium und/oder bei der Schülerschaft angesehen.
Neben der Außenwirkung macht auch das eigene Verantwortungsbewusstsein den Kern der Autorität aus. Verantwortungsvolle Lehrerinnen und Lehrer wissen, dass sie eine Machtposition innehaben. Diese Macht nutzen sie jedoch nicht aus, sondern setzen sie sinnvoll ein: Der Einfluss auf die Schülerschaft und das Kollegium wird mit guten Absichten genutzt. Es geht nicht um eine Demonstration der eigenen Macht, sondern um ein aktives Handeln im Sinne aller Beteiligten.