
In Bewerbungsgesprächen werden die Kandidaten für die unbesetzte Stelle im Unternehmen sowohl nach ihren fachlichen Kenntnissen als auch nach ihren charakterlichen Eigenschaften gefragt. Die gezielte Fragestellung in diese Richtung verdeutlicht die hohe Bedeutung von sozialen Fähigkeiten im Berufsleben.
Je nach Berufsbild sind Eigenschaften wie Stressresistenz, ein ausgeprägtes Konzentrationsvermögen oder die Fähigkeit zum Priorisieren von Aufgaben erforderlich. Auch Lehrerinnen und Lehrer benötigen in ihrem Job nicht ausschließlich ein breit gefächertes Fachwissen, sondern eine Vielzahl an Soft Skills. In manchen Bereichen ihrer beruflichen Tätigkeit sind solche Eigenschaften sogar vorrangig gefordert.
In diesem Artikel erfährst du, welche Eigenschaften und Soft Skills im Arbeitsalltag von Lehrkräften ein unverzichtbares Gut sind. Der Begriff 'Gut' ist in diesem Zusammenhang durchaus wörtlich gemeint – die unten genannten Kompetenzen kommen nicht nur einer gelungenen Unterrichtsführung, sondern auch der eigenen mentalen Stabilität zugute.
Welche äußeren Faktoren haben Einfluss auf den Lehrberuf?
Ein umfangreiches Fachwissen ist wünschenswert, aber für die Bewältigung des Berufsalltags als Lehrerin oder Lehrer nicht ausreichend. Der Lehrberuf wird von äußeren Rahmenbedingungen wie dem tagesabhängigen Stressniveau, der verfügbaren Zeit und den anfallenden Aufgaben beeinflusst. Lehrkräfte sind dazu angehalten, auf diese Faktoren angemessen zu reagieren. Ein professioneller Umgang mit den äußeren Bedingungen im Schulalltag gelingt ihnen mit den sogenannten Soft Skills, den 'weichen Fähigkeiten'.
Bei den Soft Skills handelt es sich um Eigenschaften, die deine (Lehrer-)Persönlichkeit ausmachen.
Welche Fähigkeiten sind für den Lehrberuf notwendig?
- Fähigkeit zum eigenverantwortlichen und strukturierten Arbeiten
- Resilienz
- selbstsicheres Auftreten
- Einfühlsamkeit und Empathie
- Fähigkeit zur (Selbst-)Kritik
- Fähigkeit zum Improvisieren
- Spaß an der Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen
Die Eigenschaften und Soft Skills werden als einzelne Kapitel behandelt. Bei der Analyse bilden die Auswirkungen auf die Interaktion mit der Schülerschaft einen Schwerpunkt. Hinzu kommt der Stellenwert jeder Fähigkeit für die eigene (Lehr-)Person.
Fähigkeit zum eigenverantwortlichen und strukturierten Arbeiten
Unterrichtsstunden vorbereiten, Klausuren korrigieren, den Fachunterricht leiten und Elternsprechtage planen: Als Lehrkraft ist man bei der Bewältigung der anfallenden Aufgaben weitgehend auf sich allein gestellt. Kolleginnen und Kollegen helfen bei Fragen zur Organisation oder fachlichen Themen gerne weiter; die Umsetzung der Ratschläge fällt jedoch in den eigenen Zuständigkeitsbereich.
Bereits in den ersten Wochen des Referendariats erkennen die angehenden Lehrkräfte, dass sie ihre Aufgaben ohne eine selbstständige und eigenverantwortliche Arbeitsweise nicht erfolgreich bewältigen können. Inhaltliche Mängel in der Unterrichtsvorbereitung oder fehlendes Arbeitsmaterial für die Durchführung der Lehreinheiten machen sich im Ablauf der Unterrichtsstunde bemerkbar.
Auswirkungen auf die Interaktion mit der Schülerschaft:
Eine eigenverantwortliche Lehrkraft mit einer strukturierten Arbeitsweise geht die anstehende Unterrichtsstunde planvoll an. Diese disziplinierte Einstellung zu den täglichen Pflichten macht dich zu einem Vorbild für die Schülerschaft.
Stellenwert für die eigene Person:
Wer einen Überblick über die anfallenden Aufgaben behält, verleiht seinem beruflichen Alltag als Lehrerin oder Lehrer Struktur und Ordnung. Der Aspekt der Eigenverantwortlichkeit ist aus einem anderen Grund für die eigene Person von Bedeutung: Gerade in der ersten Phase des Referendariats wird die Anforderung des selbstständigen Arbeitens als herausfordernd empfunden. Mit der Zeit stellt sich neben einer gewissen Routine auch das Bewusstsein ein, aus eigener Kraft seine beruflichen Ziele erreichen zu können. Diese Erkenntnis wirkt sich denkbar positiv auf das Selbstvertrauen aus.
Resilienz
In jedem Job gibt es Tage, an denen man als Arbeitnehmer angemessen mit Stress umgehen muss. Auch im Lehrberuf sind arbeitsintensive Phasen keine Ausnahme. Aus diesem Grund benötigen Lehrerinnen und Lehrer ein hohes Maß an Resilienz. Unter Resilienz versteht man zunächst eine Professionalität im Umgang mit Stress. Professionell bedeutet in diesem Kontext sachlich.
Neben dem professionellen Umgang mit stressigen Situationen zählt die Anpassungsfähigkeit zur Resilienz. Resiliente Lehrkräfte sind in der Lage, arbeitsintensive oder emotional belastende Phasen ohne körperliche und seelische Einbußen zu überstehen. Auf diese Weise wird einer psychischen Überbelastung vorgebeugt.
Auswirkungen auf die Interaktion mit der Schülerschaft:
Der tägliche Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern ist ebenso eine Bereicherung wie eine Herausforderung. Wer als Lehrkraft resilient ist, wirkt in stressigen Situationen nicht nur souverän, sondern kann seine Strategien zur Problemlösung mit der Schülerschaft teilen. Auf diese Weise lernen die Klassenmitglieder, wie sie ihren eigenen Schulalltag problemlösungsorientiert bewältigen und auch stressige Phasen überstehen.
Stellenwert für die eigene Person:
Resilienz ist die Basis für eine stabile psychische Gesundheit. Ohne mentale Widerstandskraft ist eine dauerhafte Ausübung des Lehrberufs kaum möglich. Darüber sollten sich angehende Lehrerinnen und Lehrer noch vor dem Eintritt in das Referendariat im Klaren sein. Die Tätigkeit im Schuldienst fordert vor allem auf mentaler Ebene heraus. Eine resiliente Lehrperson verfügt über eine stabile Psyche, welche sie zur Ausübung des Berufs befähigt.
Selbstsicheres Auftreten
Bevor der Aspekt der Selbstsicherheit näher betrachtet wird, empfiehlt sich ein genauer Blick auf die beiden Bestandteile dieses Begriffs. Eine selbstsichere Person ist sich 'ihrer selbst sicher'. Sie kennt ihre Stärken und Schwächen, ist sich ihrer Kompetenzen bewusst und strahlt zugleich Ruhe aus. Diese Eigenschaften machen das Wesentliche einer Lehrkraft aus: Selbstsicherheit ist das Fundament für die Rolle als Autoritätsperson, welche für Lehrerinnen und Lehrer maßgeblich ist.
Auswirkungen auf die Interaktion mit der Schülerschaft:
Schülerinnen und Schüler brauchen Personen, die ihnen Orientierung bieten. Die Klassen- oder Kursmitglieder nehmen eine selbstsichere Lehrkraft sowohl auf fachlicher als auch auf zwischenmenschlicher Ebene als kompetent wahr. Sie bringen ihr Respekt entgegen und betrachten sie als Autoritätsperson. Das Anerkennen ihrer Position ist die Grundlage für ein professionelles Verhältnis zwischen der Lehrperson und der Schülerschaft.
Stellenwert für die eigene Person:
Mit einem selbstsicheren Auftreten vor der Klasse verschaffst du dir den notwendigen Respekt. Wer über ein geringeres Maß an Selbstsicherheit verfügt, muss seine Rolle als weisungsbefugte Person viel mehr unter Beweis stellen und sie sich mitunter hart erkämpfen. Mit einer selbstsicheren Ausstrahlung hast du es leichter, deine Position als Lehrkraft von vornherein zum Ausdruck zu bringen.
Einfühlsamkeit und Empathie
An einer Schule treffen unterschiedliche Persönlichkeiten aufeinander. Als Lehrperson ist man gefordert, auf die vielen Individuen mitsamt ihren Charakterzügen einzugehen. Lehrerinnen und Lehrer wissen, dass die reine Wissensvermittlung nur einen Teil ihres Zuständigkeitsbereichs abdeckt. Vor allem in jüngeren Jahrgängen sind Lehrkräfte oft enge Bezugspersonen für die Kinder. Ein empathischer Umgang mit der jungen Schülerschaft wird von einfühlsamen Verhaltensweisen geprägt: Man fühlt sich in ihre Lebens- und Gedankenwelten ein, indem man versucht, ihre kindliche Ansicht nachzuvollziehen. Überlegungen wie 'Wie wäre es mir in dem Alter ergangen?' spiegeln das Grundsätzliche der Einfühlsamkeit wider.
Auswirkungen auf die Interaktion mit der Schülerschaft:
Je jünger die Schülerinnen und Schüler sind, umso höher ist die Bedeutung von Empathie seitens der Lehrkraft einzuschätzen. Kinder in der Grundschule können sich im Unterrichtsgespräch leichter öffnen, wenn ihnen die Lehrperson verständnisvoll begegnet. Sie fühlen sich selbstsicherer und haben keine Scheu, auf eine Frage eine falsche Antwort zu geben, da sie keine unsachliche Kritik zu befürchten haben.
Stellenwert für die eigene Person:
Beim Hineinversetzen in die Gefühls- und Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen lernst du auch etwas für dich in deiner Rolle als Lehrkraft. Mit einer empathischen Einstellung gegenüber der Schülerschaft kannst du den Alltag an der Schule aus einer neuen Perspektive betrachten: Du lernst ihre kindliche oder jugendliche Ansicht kennen. Diese Erkenntnis hilft dir, scheinbar belanglose Probleme aus einem neuen Blickwinkel zu sehen und eigene Handlungsweisen zu überdenken.
Fähigkeit zur (Selbst-)Kritik
Im zwischenmenschlichen Umgang zählt das Wort 'Kritik' häufig zu den negativ konnotierten Begriffen. Der Grund dafür liegt mitunter in der Art und Weise des Kritisierens. Unsachliche Kritik richtet sich gegen die Person. Der Sachverhalt für die kritische Rückmeldung (eine nicht zufriedenstellende Leistung etc.) rückt dabei in den Hintergrund. Stattdessen wird die Gelegenheit genutzt, die Persönlichkeit des Gegenübers abzuwerten.
Solch eine unangemessene Form der Kritik trägt zur negativen Konnotation bei. Die etymologischen Wurzeln des Begriffs 'Kritik' oder 'kritisieren' liegen im griechischen Wort 'krinein' zurück, welches frei übersetzt 'etwas voneinander trennen' bedeutet. Genau darum geht es bei sachlicher oder konstruktiver Kritik – die Person und der Sachverhalt werden voneinander getrennt. Im Verhältnis zwischen Lehrkraft und Klassenmitglied bedeutet dies, dass ausschließlich die Leistungen der Schülerin oder des Schülers kritisiert werden und sich beide Beteiligte dessen bewusst sind.
In der Rolle als Lehrperson übt man Kritik und nimmt auch selbst Kritik an. Im Referendariat sind Rückmeldungen von Prüfern zu den selbstständig abgehaltenen Unterrichtsstunden Teil der Ausbildung zur Fachlehrkraft. Folglich ist das Äußern und Annehmen von kritischem Feedback eine typische 'Lehreraufgabe'.
Auswirkungen auf die Interaktion mit der Schülerschaft:
Ein regelmäßiges Feedback zu den individuellen Leistungsständen lässt die Schülerschaft wissen, woran sie bei dir sind. Dabei ist grundsätzlich auf konstruktive Kritik zu achten. Konstruktive Kritik nimmt Bezug auf fachliche Defizite oder verbesserungswürdige Leistungen. Die Persönlichkeit wird nicht beurteilt und erst recht nicht abgewertet.
Stellenwert für die eigene Person:
Während des Referendariats geben angehende Fachlehrkräfte ihre ersten eigenen Unterrichtsstunden. Nach der Stunde findet die Bewertung seitens des Prüfers und/oder des Mentors statt. Bei solchen Gesprächen werden lobende Worte ebenso wie kritische Anmerkungen geäußert. Als betreffende Lehrperson sollte man die Kritik des Gegenübers als Hinweis betrachten, in welchen Bereichen noch Verbesserungsbedarf besteht. Ein bewusstes Beherzigen und Umsetzen der Kritik hilft dir bei der Verbesserung deiner fachlichen und sozialen Kompetenzen. In dieser Hinsicht hat man etwas mit der Schülerschaft gemeinsam – durch Kritik als Bestandteil von Feedbackgesprächen lernt man etwas für das spätere (Lehrer-)Leben.
Fähigkeit zum Improvisieren
In der Regel verlaufen die Unterrichtsstunden nach Plan. Die Terminierung im Stundenplan gibt den Zeitraum vor, in dem die Stunde üblicherweise abgehalten wird. Erfahrene Lehrerinnen und Lehrer kennen jedoch eine Vielzahl an Situationen, bei denen sowohl Spontanität als auch eine Adaptionsfähigkeit gefragt sind.
Auswirkungen auf die Interaktion mit der Schülerschaft:
Eine Lehrperson mit Improvisationstalent kann den Schülerinnen und Schülern beibringen, wie sie die vorherrschenden Situationen – auch unter widrigen Bedingungen - bestmöglich nutzen. Mit diesen Skills bereitet die Lehrkraft ihre Klassenmitglieder auf das spätere Berufsleben vor. Darüber hinaus ist die Improvisationsfähigkeit der Lehrperson mit ihrer Außenwirkung auf die Klasse verbunden: Wer sich in unerwarteten Situationen anpassungsfähig zeigt, wird von der Schülerschaft als kompetent wahrgenommen.
Stellenwert für die eigene Person:
Die eigene Improvisationsfähigkeit steht in einem direkten Zusammenhang zum selbstständigen und strukturierten Arbeiten. Improvisieren heißt, mit dem Unerwarteten rechnen beziehungsweise in ungeplanten Situationen alternative Lösungsmöglichkeiten vorweisen zu können. Auf diese Weise wächst man an Herausforderungen, bei denen man die eigenen Fähigkeiten zum spontanen Improvisieren unter Beweis stellt.
Spaß an der Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen
Freude am Umgang mit der Schülerschaft ist als Eigenschaft von Lehrkräften von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Wer mit Herz und Seele unterrichtet, ist gerne Lehrerin oder Lehrer. Dazu zählt nicht allein eine wünschenswerte Begeisterung für das Unterrichtsfach, sondern auch eine Aufgeschlossenheit gegenüber den Schülerinnen und Schülern.
Auswirkungen auf die Interaktion mit der Schülerschaft:
Deine positive Grundhaltung zur Lehrtätigkeit und zum Umgang mit deinen Schützlingen überträgt sich auf die Klassenmitglieder. Die Schülerinnen und Schüler merken, dass du gerne mit ihnen zusammenarbeitest und den täglichen Umgang mit ihnen nicht als Belastung empfindest. Dies wirkt sich auf das Miteinander zwischen Lehrkraft und Schülerschaft positiv aus.
Stellenwert für die eigene Person:
Eine grundsätzliche Zufriedenheit im Job ist für das seelische Wohlergehen ähnlich bedeutsam wie eine resiliente Verfassung. Wenn du Spaß an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hast, empfindest du den Austausch mit deinen Schützlingen als erfüllend. Dieser Aspekt bestärkt dich darin, dass du dich mit dem Eintritt in den Schuldienst für den richtigen Beruf entschieden hast.
Schlusswort
Jeder neue Tag an der Schule ist in besonderem Maße für die Lehrkräfte eine Überraschung. Stundenpläne oder festgelegte Raumbelegungen strukturieren den Schulalltag. Trotzdem kommt es immer wieder zu unerwarteten Situationen, auf die Lehrerinnen und Lehrer spontan reagieren müssen.
Im Lehrberuf sind bestimmte charakterliche Eigenschaften und soziale Kompetenzen gefragt. Sie legen nicht nur den Grundstein für die Interaktion mit den Schülerinnen und Schülern, sondern dienen zugleich einem Selbstzweck. Soft Skills wie Resilienz stärken die psychische Widerstandsfähigkeit und sorgen dafür, dass du deinen Beruf als Lehrerin oder Lehrer über viele Jahre hinweg ohne gesundheitliche Einbußen ausüben kannst. Eigenverantwortlichkeit oder Fähigkeit zum Improvisieren helfen dir bei der erfolgreichen Bewältigung deines Arbeitsalltags. Die Improvisation versetzt dich in die Lage, auch in unerwarteten Situationen Ruhe zu bewahren und dich den vorherrschenden Bedingungen anzupassen.
Auch ein empathischer Umgang mit der Schülerschaft und die Freude an der Interaktion mit deinen Klassen oder Kursen wirkt sich nicht nur auf die Kinder und Jugendlichen positiv aus. Diese elementaren Eigenschaften verhelfen dir zu mehr Zufriedenheit im Beruf. Eine empathische Lehrperson strahlt Offenheit und emotionale Erreichbarkeit aus. Die Schülerinnen und Schüler vertrauen sich ihr bereitwilliger an. Sie haben im Unterricht keine Scheu, sich aktiv zu beteiligen, was dem Lernerfolg zuträglich ist. Somit hast du als Lehrkraft mit deinen Soft Skills einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den gesamten Klassenverband.
Die eigene Vorbildfunktion ist in diesem Kontext nicht zu unterschätzen: Resilienz und die Fähigkeit zum Improvisieren sind Eigenschaften, die für deine Schülerinnen und Schüler beispielhaft sein können. Wenn du in unerwarteten oder stressigen Situationen sachlich bleibst, Ruhe bewahrst und Probleme mit analytischem Geschick angehst, kannst du für die Schülerschaft ein gutes Vorbild sein, nach dem sie ihr eigenes Handeln ausrichten.