Der Austausch mit den Erziehungsberechtigten ist ebenfalls ein Bestandteil des Lehrberufs. Elternabende dienen der Information aller Beteiligten über allgemeine Themenbereiche. Im Rahmen von Elternsprechtagen werden Belange erörtert, die einzelne Klassenmitglieder betreffen.
In den meisten Fällen verlaufen diese Gesprächssituationen ohne besondere Vorkommnisse. Wer im Schuldienst arbeitet, kennt jedoch auch weniger erfreuliche Begegnungen mit Eltern. In solchen Situationen kommt Lehrerinnen und Lehrern eine besondere Aufgabe zu: Ihre Vorbildfunktion geht über das Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern hinaus. Erziehungsberechtigte gewinnen ebenfalls ein Bild von der jeweiligen Lehrperson.
Was sind die häufigsten Auslöser von Konflikten zwischen Lehrkräften und Erziehungsberechtigten? Wie kannst du als Lehrperson in solchen Situationen angemessen handeln? Diese und weitere Fragen werden in diesem Beitrag beantwortet.
Konflikte vermeiden – das kannst du tun
Neben der Notenvergabe sind die Infragestellung von pädagogisch-didaktischen Kompetenzen oder divergierende Werte und Weltanschauungen häufige Auslöser für Konflikte zwischen den Erziehungsberechtigten und der Lehrkraft.
Als Lehrerin oder Lehrer kannst du Konflikten vorbeugen oder dich im Falle eines Konflikts mit Erziehungsberechtigten deeskalierend verhalten. Wer Ruhe bewahrt, strahlt Souveränität aus. Mit einem sicheren Auftreten wirkst du auf deinen Gesprächspartner vertrauenswürdig, ausgeglichen und erfahren. Darüber hinaus kann eine souveräne Außenwirkung im positiven Sinn 'abschrecken': Selbstbewusst auftretende Personen bieten keine Angriffsfläche für Provokationen. Im Gegensatz dazu stehen unsichere, nervöse oder gereizte Persönlichkeiten: Sie werden von ihrem Gegenüber selten als Vertrauens- noch als Respektsperson wahrgenommen.
Ideale Rahmenbedingungen schaffen
Ob Elternabend oder Elternsprechtag – Ort und Zeit schaffen die Rahmenbedingungen für den Dialog zwischen Lehrkraft und Erziehungsberechtigten. Vor dem eigentlichen Gespräch werden die Anwesenden begrüßt. Ein paar Worte ohne einen unmittelbaren Bezug zum Thema Schule können das Eis schnell brechen. Bei Elternabenden bedanken sich viele Lehrerinnen und Lehrer für das zahlreiche Erscheinen, um einen positiven Einstieg zu finden. Ein 'Schön, dass Sie gekommen sind' ist schon mal ein guter Einstieg.
Gib deinen Gesprächspartnern die Gelegenheit, ihre persönlichen Meinungen, Ansichten und Bedenken zu den jeweiligen Themenbereichen zu äußern. Auf diese Weise signalisierst du als Lehrkraft Offenheit für Impulse und Denkanstöße, welche dich möglicherweise selbst auf neue Ideen bringen. Dieses Signal an die Elternschaft ist eine vorbeugende Maßnahme, um möglichen Konflikten rechtzeitig entgegenzuwirken.
Im Anschluss findet der Austausch statt: Nachdem die Erziehungsberechtigten das Wort hatten, machst du deinen Standpunkt als Lehrperson deutlich. Gerade in Bezug auf sensible Themen ist auf ein ausgewogenes Verhältnis von Lob und Kritik zu achten. Als Lehrperson sollte man grundsätzlich konstruktiv kritisieren.
Beispiel für konstruktive Kritik:
'Ihr Sohn hat in Mathematik bereits Fortschritte gemacht. In Geometrie könnte er noch bessere Leistungen erbringen, wenn er für Klassenarbeiten gezielter übt'.
Konstruktive Kritik bezieht sich auf den Sachverhalt. Zum betreffenden Klassenmitglied nimmt man eine neutrale Position ein. Seine Person wird nicht kritisiert. Stattdessen werden gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der fachlichen Leistungen vorgeschlagen.
Erziehungsberechtigte lassen sich durch Fragestellungen gut in das Gespräch mit einbeziehen:
'Das Sozialverhalten Ihres Kindes ist viel besser geworden. Nur manchmal hat es mit zwei Klassenmitgliedern Probleme. Hat Ihr Kind schon mal mit Ihnen darüber gesprochen? Wie können Sie sich die Unstimmigkeiten erklären?'.
Auch bei diesem Beispiel wird das ausgewogene Verhältnis zwischen Lob und Kritik deutlich. Der einleitende Satz beginnt mit der Bezugnahme auf das verbesserte Sozialverhalten. Anschließend wird der Kritikpunkt benannt. Im dritten Satz richtet sich die Lehrkraft an die Erziehungsberechtigten als direkte Adressaten. Sie werden explizit nach ihrer Einschätzung gefragt. Das Miteinbeziehen signalisiert deinen Gesprächspartnern Interesse an ihrer Meinung. Solch eine respektvolle Einstellung erweist sich beim gegenseitigen Austausch als wirkungsvolle 'Vorbeugung' gegen Konflikte.
Was tun, wenn sich ein Konflikt anbahnt?
Das Konfliktpotenzial einer Situation lässt sich mithilfe von Kommunikationstechniken verringern. Ein umfassendes Wissen über die Entstehung von Konflikten ist notwendig, um Situationen mit einem Konfliktpotenzial zu erkennen. Dabei handelt es sich um wissenschaftliche Ansätze aus der Psychologie. Trotz ihrer Validität darfst du deinem Bauchgefühl Glauben schenken: Wenn sich eine Gesprächssituation mit Erziehungsberechtigten für dich befremdlich oder sogar bedrohlich anfühlt, solltest du dieses Gefühl nicht außer Acht lassen. In solchen Fällen ist eine innere Distanz sinnvoll, um die Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten:
- Worum geht es in dem Gespräch?
- Welche/r Erziehungsberechtigte/r ist mein Gesprächspartner?
- Wie kommuniziere ich mit meinem Gegenüber?
- Mache ich meinen Standpunkt in dem Gespräch deutlich genug?
- Warum habe ich das Gefühl, dass sich ein Konflikt anbahnt?
- Wie kann ich dazu beitragen, dass sich die Situation beruhigt?
Das Gesprächsthema ist der Ausgangspunkt. Im schulischen Bereich haben Themen wie die Note der letzten Schulaufgabe oder Bewertungen der mündlichen Beteiligung ein besonders hohes Konfliktpotenzial. Vor allem bei Elternsprechtagen wird auch auf den derzeitigen Leistungsstand der einzelnen Klassen- und Kursmitglieder eingegangen. Aus diesem Grund sollte zusätzlich zum aktuellen Notenspiegel eine Übersicht mit den Notendefinitionen vorliegen. Auf diese Weise lassen sich Zweifel ausräumen, falls die Erziehungsberechtigten eine Note als nicht gerechtfertigt empfinden.
In ihrer beruflichen Laufbahn haben Lehrerinnen und Lehrer zwangsläufig Kontakt zu vielen Erziehungsberechtigten, deren charakterliche Merkmale so unterschiedlich sind wie die Persönlichkeiten innerhalb der Schülerschaft. Mit den meisten von ihnen gibt es keine nennenswerten Probleme. Bei anderen Eltern kommt es zu Meinungsverschiedenheiten, die sich jedoch schnell aus der Welt schaffen lassen. Allerdings haben Lehrkräfte auch Erfahrung mit Erziehungsberechtigten, bei denen es in der Vergangenheit häufiger zu Konflikten kam. Auch und gerade in solchen Fällen sollte man Gespräche unvoreingenommen führen. Die Erfahrungswerte bleiben im Kopf und lassen sich nicht von heute auf morgen aus dem Gedächtnis verbannen. Sie dürfen dennoch nicht zu einer verfestigten Einstellung führen ('Mit denen gibt es doch sicher wieder Ärger'). Letztere sind ein ungünstiger Nährboden für Konfliktsituationen.
Die Kommunikationsmethoden haben Einfluss auf den Gesprächsverlauf. Eine ruhige Stimmlage, das Begründen von Ansichten sowie ein sachliches Argumentieren sind wirksame Mittel gegen Konflikte im Dialog mit den Erziehungsberechtigten. Die drei genannten Methoden sollten bereits bei der Eröffnung des Gesprächs angewandt werden. Sie schaffen geeignete Voraussetzungen für einen Austausch zwischen den Beteiligten.
Die Betrachtung mit einem inneren Abstand zu der jeweiligen Situation hat auch für dich als Lehrkraft Vorteile: Du hast die Gelegenheit, dich zu sammeln und dich auf das Wesentliche in dem Gespräch zu konzentrieren. Im Anschluss richtest du das Wort wieder an die oder den Gesprächspartner. Mache deinen Standpunkt mit klaren, sachlichen Formulierungen deutlich. Dabei geht es allein um die Sache und nicht um die Person des Klassenmitgliedes oder der Erziehungsberechtigten.
Konflikte lassen sich oft mit einer direkten Ansprache des Gegenübers lösen. Spreche deine(n) Gesprächspartner auf die Situation an. Einleitende Sätze wie 'Ich habe den Eindruck, dass...' oder 'Mir kommt es so vor, dass....' haben eine entschärfende Wirkung. 'Sie verstehen mich da vollkommen falsch', 'Sie sollten nicht immer...' oder 'Sie sind daran schuld, dass...' bewirken in Konfliktsituationen genau das Gegenteil. Sie werden als verbale Angriffe empfunden und schüren aufkeimende Unstimmigkeiten.
Sollte dein Gegenüber dich verbal angreifen oder deine Kompetenzen als Lehrkraft anzweifeln, ist Gelassenheit das oberste Gebot. Lehrerinnen und Lehrer kennen die Schwierigkeit, in solchen Situationen ruhig zu bleiben und unsachliche Äußerungen nicht zu nah an sich heranzulassen. Genau das ist hier aber gefragt. Zähle gedanklich bis drei und atme durch, bevor du auf die Aussagen der jeweiligen Erziehungsberechtigten reagierst.
Wenn sich verhärtete Konflikte trotz aller Mühe nicht lösen lassen, empfiehlt sich ein zweiter Gesprächstermin. Bei dem gesonderten Termin wird über die Ursache des Konflikts gesprochen. Oftmals sorgt ein zeitlicher Abstand dafür, dass sich die Wogen glätten. Andernfalls solltest du mit einer Kollegin oder einem Kollegen über das Problem sprechen und um Rat fragen. Eine Zweitmeinung kann dir neue Lösungsansätze aufzeigen.
In schweren Fällen werden Lehrkräfte von den Erziehungsberechtigten wiederholt verbal oder per E-Mail angegriffen. Dabei geht es nicht mehr in erster Linie um den Auslöser des Konflikts. Stattdessen ist die Person der Fachlehrkraft Zielscheibe von unsachlichen Äußerungen. Das Androhen von juristischen Konsequenzen ist ein weiteres Druckmittel von Eltern, die mit der Benotung einer Klausur oder anderen Entscheidungen der Lehrperson nicht einverstanden sind.
Hier ist schnelles Handeln erforderlich, um dich und dein Ansehen als Lehrerin oder Lehrer zu schützen. Melde solche Vorfälle zuerst der Schulleitung. Vielleicht gibt es andere Lehrkräfte, die ebenfalls von diesen Eltern angegangen werden.
Perspektivwechsel - aus Konflikten einen Nutzen ziehen
Der Begriff 'Konflikt' ist sehr negativ konnotiert, da er mit lautstarken Auseinandersetzungen oder Beschuldigungen in Verbindung gebracht wird. Hier ist eine differenzierte Betrachtungsweise ratsam. Auch Lehrerinnen und Lehrer können aus Konflikten mit Erziehungsberechtigten etwas lernen. Wer sich die Meinungen seines Gegenübers in Ruhe anhört und sie reflektiert, gewinnt mitunter eine neue Sichtweise auf bestimmte Sachverhalte.
Gerechtfertigte Kritik hält uns einen Spiegel vor, in den wir nicht gerne hineinschauen. Als Lehrkraft sollte man sich der Situation dennoch stellen, um am eigenen Verhalten Verbesserungen vorzunehmen. Nach einem Elternabend oder Elternsprechtag bleibt dafür genug Zeit. Versetze dich noch einmal in das Gespräch mit den betreffenden Erziehungsberechtigten zurück: Was war der Anlass für den Konflikt? Hast du deine Gesprächspartner gefragt, was sie genau bewegt? Fühlten sie sich falsch verstanden oder nicht ernst genommen? Wie bist du in dem Moment auf ihre Einwände eingegangen?
Diese Fragen sollten ehrlich beantwortet werden. Wenn die Kritik der Erziehungsberechtigten tatsächlich berechtigt war, solltest du trotzdem nicht an deinen Fähigkeiten zweifeln. Selbst erfahrene Lehrpersonen verhalten sich nicht immer richtig. Oft führen unvorhergesehene Wendungen in Gesprächen zu Reaktionen, welche weitere Missverständnisse zur Folge haben. Aus solchen Fehlern kann man für die Zukunft lernen.
Schlusswort
Meinungsverschiedenheiten zwischen Lehrpersonen und Erziehungsberechtigten sind im Schulalltag keine Seltenheit. Verschiedene Ansichten zu dem Leistungsstand des Kindes oder scheinbar mangelhafte Transparenz bei der Notenvergabe führen oft zu Konflikten zwischen den Beteiligten. Als Lehrkraft kannst du den Dialog mit den Erziehungsberechtigten positiv beeinflussen. Mit einer von Respekt geprägten Gesprächskultur lassen sich potenzielle Konfliktsituationen erkennen, analysieren und aus einem anderen Blickwinkel betrachten.