Ein Schuljahr gleicht einem bunten Blumenstrauß: Neue Klassen zum Schuljahresbeginn, Verabschiedung der Abschlussjahrgänge, Begrüßung von neuen Mitgliedern des Kollegiums oder eine feste Anstellung als fertig ausgebildete Lehrkraft nach dem Referendariat. Diese Beispiele sind nur ein Bruchteil aller Erlebnisse und Erfahrungswerte, die jedes Jahr an der Schule einzigartig machen. Auf manche Ereignisse blickt man mit Freude zurück. Sie bleiben als besonders positive Momente in Erinnerung. Andere Begebenheiten gehen mit einem geringeren Maß an Euphorie einher. Hier fällt nicht selten der Kommentar: 'Das hätte man sich sparen können' oder 'Das war jetzt kein Highlight in meinem Berufsleben'.
Wenn man das vergangene Jahr gedanklich noch einmal durchlebt, erinnert man sich an schöne, ernsthafte, freudige oder arbeitsreiche Zeiten. Als Lehrkraft erlebst du Situationen, an denen du wächst, die dir zu neuen Impulsen verhelfen, die dich fordern oder dich darin bestätigen, dass du den perfekten Job ergriffen hast. Bei einer Selbstreflexion betrachtet man das zurückliegende Jahr mit einem Seitenblick auf das eigene Mitwirken im Schulalltag. Mit dieser Perspektive lässt sich ein sehr persönlicher Rückblick auf das Jahr vornehmen.
Die Reflexion zum (Schul-)Jahresende
Im Laufe der Monate geraten manche Begebenheiten und Begegnungen in Vergessenheit. Jahrbücher der Abschlussklassen, Einträge im Tagebuch oder auch Bilder helfen dem Gedächtnis auf die Sprünge. Viele Erinnerungen stellen sich bei Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen ein, die an den Ereignissen beteiligt waren. Die Selbstreflexion lässt sich mit Phasen des Dialogs und ruhigen Momenten in den eigenen vier Wänden gestalten. In dieser Zeit setzt man sich mit sich selbst auseinander. Die Gespräche mit anderen Personen helfen bei der Sortierung der Erlebnisse.
Wenn du das zurückliegende Jahr Revue passieren lässt, sollte genug Zeit vorhanden sein. Schaffe dir einen ruhigen Ort, an dem du deine Gedanken sortieren kannst. Smartphone, PC und andere technische Geräte bleiben während der Selbstreflexion ausgeschaltet. Auf diese Weise werden unerwünschte Störungen vermieden, die deinen Gedankenfluss unterbrechen.
Du entscheidest, wie lange deine Reflexion dauert und ob sie zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt wird. Am Ende von besonders ereignisreichen Schuljahren schaut man auf so viele verschiedene Anlässe und Erlebnisse zurück, dass ein einziger Abend oft zu kurz ist. Wenn die Rückschau auf das vergangene Jahr mehr Zeit in Anspruch nimmt, kannst du sie an einem anderen Tag fortsetzen. Ein paar Stichworte auf einem Blatt Papier dienen als Denkanstöße für den nächsten 'Termin'.
Was lief gut, was hätte besser sein können?
Auf dieser Frage gründet die gesamte Reflexion. Die Antworten beziehungsweise die Definition von positiven und negativen Erlebnissen hängen vom Einzelfall ab. Aufstiege auf der Karriereleiter oder ein erfolgreich durchgeführtes Projekt werden vermutlich von jeder Lehrkraft als Sternstunden gewertet. Bei anderen Situationen fällt die Antwort nicht so eindeutig aus: Manche Lehrpersonen empfinden Erfahrungen wie Konflikte mit Mitgliedern aus dem Kollegium als belastend, andere sehen sie als Chance. Es liegt allein an dir, wie du mit solchen Erfahrungen umgehst und wie du sie rückblickend beurteilst.
Bei der Rückschau sollte jeder Monat als in sich geschlossene Phase des Jahres betrachtet werden. Mit der Gliederung in zwölf Etappen bringst du Ordnung in deine Reflexion. Hier erweist sich ein Terminkalender erneut als geeignete Gedächtnisstütze. Außergewöhnliche Begebenheiten wie ein Standortwechsel sind einzigartige Augenblicke, die man im Gedächtnis präsent hat. Andere, scheinbar nebensächliche Erlebnisse lassen sich mithilfe von schriftlichen Aufzeichnungen wieder in Erinnerung rufen.
Spiele die vielen Etappen des letzten Jahres einmal durch. Welche Emotionen, Gedanken oder geistigen Bilder kommen dir spontan in den Sinn? Wie ist ihre 'Qualität'? Überwiegen positive oder negative Assoziationen? Diese Bewertungen kannst du zu Papier bringen. Manchmal reicht ein einziges Wort als Zusammenfassung für denkwürdige Momente aus. Bei anderen Erlebnissen sind es längere Sätze oder skizzenartige Zeichnungen. Sie drücken das Wesentliche deiner Empfindungen aus. Je bunter, vielfältiger und kreativer die bildliche Darstellung der Reflexion ist, umso besser spiegelt sie deine persönliche Einstellung zu den Puzzleteilen des Jahres wider.
Bei einer Selbstreflexion vergegenwärtigt man sich die eigene Position. Ein für die eigene Person relevantes Erlebnis bedeutet, dass man selbst eine wichtige Rolle in der jeweiligen Situation gespielt hat. Andere Ereignisse bleiben in Erinnerung, weil man an ihnen innerlich gereift ist. Die abschließende Frage fasst das gesamte Jahr zusammen. Überlege einmal, ob das Jahr im Großen und Ganzen erfolgreich verlief. Die Gewichtung von positiven, negativen oder auch neutralen Begebenheiten hilft bei der Gesamtbeurteilung.
Neues Jahr als Neuanfang
Die Ergebnisse deiner Reflexion können mit in das neue Jahr genommen werden. Als Impulse erfüllen sie einen Zweck, der deiner Lehrerkarriere zugutekommen soll. Es werden sich nicht alle Fehler oder weniger gelungene Situationen im neuen (Schul-)Jahr komplett ausradieren lassen. Versuche, mit unerfreulichen Erlebnissen aus dem vergangenen Jahr so gut es geht abzuschließen. Ein optimistischer Blick in deine berufliche Zukunft bringt dich weiter und stärkt das Selbstvertrauen.
1. Was möchte ich im nächsten Jahr ändern?
Höre bei der Reflexion einmal ganz genau in dich hinein: Gab es Momente oder Situationen, bei denen du im Rückblick nachdenklich wirst? Deshalb kann die Fragestellung auch 'Was möchte ich bei mir oder an mir verändern?' oder 'Wie möchte ich mich ändern?' heißen. Ein kritisches Hinterfragen der eigenen fachlichen und sozialen Kompetenzen gehört zur Selbstreflexion unbedingt dazu. Wer bei der Reflexion zum Ergebnis kommt, an sich arbeiten zu wollen, kann das neue Jahr als Neuanfang nutzen.
Du bist sowohl mit der gesamten Situation als auch mit dir selbst sehr zufrieden? Herzlichen Glückwunsch, dann besteht zunächst kein Handlungsbedarf. Deine Zufriedenheit kann allerdings als Impuls für die Überlegung herhalten, weshalb du momentan nichts ändern möchtest. Möglicherweise hast du deine Vorsätze vom letzten Jahreswechsel mit Erfolg umgesetzt oder es kam zu überraschend positiven Veränderungen in deinem Berufsleben. Beides sind Gründe, um zu sagen: 'So kann es erstmal bleiben'.
2. Welche Vorsätze habe ich für mich?
Das Bestreben nach Veränderung lässt sich mit Vorsätzen für das kommende Jahr umsetzen. Als Lehrkraft wächst man an den Aufgaben, mit denen man im Laufe des Jahres oder auch gesamten Lehrerdaseins betraut wird. Die Vorsätze müssen sich nicht ausschließlich auf fachliche Belange beziehen.
Beispiele für Vorsätze:
- Teilnahme an einer Lehrerfortbildung
- Streben nach mehr Gelassenheit im Alltag an der Schule
- Striktere Trennung zwischen Beruf und Privatleben
- Beendigung von Konflikten, Bereinigung von Missverständnissen
- Planung von Schulprojekten
- Aktiver Beitrag zur Förderung des sozialen Miteinanders
Neben den beruflichen Vorsätzen nehmen sich nicht nur Lehrpersonen vor, im kommenden Jahr gelassener, souveräner oder geduldiger zu werden. Lass dich nicht entmutigen, wenn du ein paar Anläufe brauchst, um deinen Alltag mit mehr Ausgeglichenheit zu bewältigen. Eine Veränderung des Seelenlebens nimmt etwas Zeit in Anspruch. Diese Mühe zahlt sich jedoch für deine Resilienz aus.
3. Wie möchte ich mich beruflich weiterentwickeln?
Der Wunsch nach beruflichen Fortschritten motiviert und verleiht Durchhaltevermögen. Lehrpersonen im Referendariat verfolgen andere Ziele als die 'altgedienten' Mitglieder des Kollegiums. Frage dich bei der Reflexion, wo du dich am Ende des nächsten Jahres siehst und was du dir für dich selbst von deiner beruflichen Entwicklung erhoffst. Mit einer beruflichen Veränderung kannst du auch für andere etwas bewirken. Der Aufstieg auf der Karriereleiter geht mit einem höheren Maß an Verantwortung einher, die sich zum Wohle der Schülerschaft und des Kollegiums einsetzen lässt.
4. Wie kann ich mir Freiräume schaffen?
Lehrkräfte wissen, dass ein Ausgleich zum Beruf eine Notwendigkeit ist. In der freien Zeit kann man neue Kraft tanken, sich seinen Hobbys zuwenden und anschließend erholt an die Schule zurückkehren.
Im Schulalltag kommen private Interessen oft zu kurz. Ein bewusstes Konzentrieren auf sich selbst ist ein Anreiz, um frühere Hobbys neu zu entdecken oder Freunde zu treffen. Es ist wichtig, dass die Trennung zwischen Beruflichem und Privatem klar zu erkennen ist. Die Freiräume sind Zeiten, in denen der Job fürs Erste auf Eis gelegt wird.
5. Wie lässt sich der Alltag an der Schule einfacher gestalten?
Das Leben als Lehrkraft kann aufregend, lehrreich, kreativ, vielseitig, aber auch anstrengend, aufreibend, kompliziert und arbeitsintensiv sein. Jede Lehrerin und jeder Lehrer kennt erfüllende Zeiten ebenso gut wie stressige Phasen. Eine Priorisierung von anfallenden Verpflichtungen hat eine entlastende Wirkung. Die Frage 'Was ist für heute wichtig?' hilft bei der Unterscheidung zwischen vorrangigen Aufgaben und Arbeitsbereichen, die sich aufschieben lassen.
Solche allgemeinen Tipps sind nur eine Seite der Medaille. Es kommt darauf an, dass der Schulalltag für dich persönlich einfacher wird. Beobachte dich selbst in den ersten Wochen des neuen Jahres: Gehen dir deine Aufgaben leichter von der Hand als vorher? Kannst du aus der freien Zeit neue Kraft schöpfen? Wenn beides zutrifft, bist du auf dem richtigen Weg.
Schlusswort
Das Jahresende ist eine gute Gelegenheit, um sich auf sich zu konzentrieren und sich das zurückliegende Schuljahr in Ruhe vor Augen zu führen. Mit einer Selbstreflexion übt man sich in Achtsamkeit - einer Tugend, welche vor allem im Lehreralltag von großem Wert ist.
Als Lehrerin oder Lehrer kannst du deine Selbstreflexion nicht nur am Ende eines kalendarischen Jahres durchführen. Der Abschluss eines Schuljahres ist als Anlass für den Rückblick ebenfalls geeignet.
Bei der intensiven Auseinandersetzung mit dem Erlebten lernt man die kleinen und großen Erlebnisse zu schätzen. Sie alle verhelfen uns zur Lebenserfahrung, die man als Lehrkraft im Arbeitsalltag braucht.