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Gewaltprävention fängt im Klassenzimmer an

8 min Lesedauer | 13.06.2024 | Nina

Zusammenfassung

Der erste Schritt in Richtung Gewaltfreiheit fängt schon im Klassenraum an. Der Beitrag zeigt, wie Lehrkräfte das Thema ansprechen und was sie zur Prävention tun können.

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Wenn Eltern in den Nachrichten von Gewalthandlungen an Schulen hören, stellt sich unweigerlich ein Gefühl von Angst und Sorge ein: Eigentlich sollte das schulische Umfeld doch ein sicherer Ort sein. Kann man seine eigenen Kinder nicht mal mehr während der Schulzeit aus den Augen lassen?

Auch wenn die meisten Kinder nicht direkt mit Gewalt konfrontiert werden, sind Gewalthandlungen im Klassenzimmer keineswegs eine Ausnahme. Vieles passiert im Verborgenen und wird sowohl von den Eltern als auch von den Lehrkräften gar nicht oder erst viel zu spät bemerkt. Im Nachhinein stellt man fest, dass es zwar 'gewisse Anzeichen gab, dass etwas nicht stimmt', aber zu dem Zeitpunkt hat der Konflikt schon seinen Höhepunkt erreicht.

Lehrerinnen und Lehrer können etwas dazu beitragen, dass Gewalt in der Schule nicht geduldet wird. Der erste Schritt in Richtung Gewaltfreiheit fängt schon im Klassenraum an.

Was versteht man unter Gewalt?

'Gewalt' ist ein Schirmbegriff, unter den verschiedene Handlungsformen fallen. Man unterscheidet zwischen körperlicher (physischer) oder seelisch-emotionaler (psychischer) Gewalt. Beide Formen können, aber müssen nicht notwendigerweise parallel auftreten. Physische Gewalt geht in der Regel mit psychischer Gewalt einher. Gewalttätige Handlungen auf emotionaler Ebene geschehen oft auch ohne körperliche Übergriffe.

Bei Gewalttaten herrscht ein ungleiches Machtverhältnis vor. Es gibt aktive und passive Beteiligte. Die aktiven Beteiligten tragen die Handlungen aus. Die passiven Beteiligten können sich nicht angemessen wehren und nehmen die ungewollte Opferrolle ein. Aus diesem Grund bevorzugen viele Opfer von Gewalterfahrungen das Synonym 'Betroffene'.

Formen von physischer Gewalt

  • Schlagen, Treten, Schubsen oder Verprügeln
  • Sachbeschädigung (z. B. Zerschneiden von Kleidungsstücken) oder das Entwenden von fremdem Eigentum
  • Festhalten des Gegenübers gegen seinen Willen
  • Sexualisierte Gewalt

Formen von psychischer Gewalt

  • Erpressung, Bedrohung oder Einschüchterung
  • Verleumdung und üble Nachrede
  • Nachstellen, 'Abfangen' auf dem Schulhof oder dem Heimweg
  • Manipulative Handlungen
  • Ausgrenzung
  • Beleidigungen

Die Folgen für die Betroffenen können schwerwiegend sein. Neben einem quälenden Ohnmachtsgefühl können die unterschiedlichen Formen von Gewalt zu Depressionen, Schulangst, innerem Rückzug oder Aggressionen führen. Daneben sind eine plötzliche Verschlechterung der Noten, das Mitführen von Mitteln zur Verteidigung sowie blaue Flecke oder Schürfwunden ein möglicher Hinweis auf Gewalterfahrungen.

Die Schuld liegt grundsätzlich bei den Täterinnen und Tätern. Niemals tragen die Opfer für ihre Situation Verantwortung.

Ist Gewalt dasselbe wie Mobbing?

Laut Definition ist Mobbing ein Prozess, der sich über mehrere Wochen erstreckt. Es gibt mindestens zwei Hauptakteure, die als aktive oder passive Beteiligte in das Geschehen involviert sind. Zwischen ihnen ist eine eindeutige Täter-Opfer-Beziehung zu erkennen.

Bei physischer oder psychischer Gewalt liegt ebenfalls eine ungleiche Verteilung der Machtverhältnisse vor. Die aktiven Beteiligten sind stärker als die passiven Akteure. Der Aspekt des Zeitlichen ist letztlich entscheidend, ob es sich um Mobbing handelt: Eine einmalige Gewalthandlung ist noch kein Mobbing. Wenn die Übergriffe andauern und gewaltsamer werden, erfüllen sie die Kriterien von Mobbinghandlungen.

Jedes Mobbing ist Gewalt, aber nicht jede Gewalthandlung ist automatisch Mobbing. Dies soll Gewalt in keiner Weise verharmlosen: Auch ein einmaliger Gewaltakt kann die Betroffenen schwer traumatisieren und weitreichende Folgen haben.

Was sind die Ursachen für Gewalthandlungen?

Die sozialen Strukturen spielen eine grundlegende Rolle. Viele Täterinnen und Täter stammen aus Elternhäusern, in denen häusliche Gewalt ein Problem ist. Sie sind unter diesen denkbar ungünstigen Bedingungen aufgewachsen und haben nie gelernt, Konflikte gewaltfrei zu lösen.

Darüber hinaus ist die Persönlichkeit des oder der Einzelnen als Ursache von Bedeutung. Wer selbstbewusst und resilient ist, wird seltener von Gewalt betroffen sein. Kinder und Jugendliche mit einem unterdurchschnittlichen Selbstwertgefühl treten häufiger als aktive oder passive Betroffene von Gewalt in Erscheinung. Eine ähnliche Tendenz ist bei denjenigen zu beobachten, die einen deeskalierenden Umgang mit Konfliktsituationen nicht gelernt haben.

Bieten Schulen einen Nährboden für Gewalt?

Im schulischen Umfeld kommt Gewalt ebenso vor wie in anderen Bereichen des täglichen Lebens. Die Häufigkeit beziehungsweise Ausprägung von Gewalthandlungen ist von Schule zu Schule unterschiedlich.

In den Grundschuljahren ist massive Gewalt eher selten. Alterstypisches 'Ärgern' entspringt vielmehr einer kindlichen Neugier. Eine offensichtlich harmlose Rangelei zwischen zwei gleich starken Drittklässlern gilt noch nicht als Gewalthandlung. Ernstzunehmende Fälle von Gewalt sind zumeist in höheren Klassenstufen zu beobachten. Die möglichen Gründe wurden bereits genannt – Gewalt in der Familie, ein geringes Selbstbewusstsein oder auch schulische Probleme führen dazu, dass die Betroffenen ein Ventil suchen.

In manchen Schulen herrscht ein allgemeines schlechtes Klima vor. Die Grundstimmung ist angespannt; man fühlt sich unwohl, ohne genaue Anhaltspunkte für dieses Empfinden benennen zu können. Andere Schulen gehen nicht konsequent genug gegen Gewalt vor. Es gibt keine Maßnahmen zur Prävention, da Fachkräfte oder schlichtweg das notwendige Engagement fehlen. Solche negativen Voraussetzungen schaffen tatsächlich einen Nährboden für Gewalthandlungen.

Es trifft nicht zu, dass Gewalt ausschließlich ein Problem an den sogenannten Brennpunktschulen oder Hauptschulen ist. Auch an Gymnasien und Gesamtschulen werden Fälle von gewalttätigen Auseinandersetzungen gemeldet. Eine große Anzahl von Schülerinnen und Schülern macht es Lehrkräften schwer, Gewalttaten zu erkennen und rechtzeitig einzugreifen. An Schulen mit wenigen Kindern und Jugendlichen fallen Gewalthandlungen schneller auf, da die Klassengrößen übersichtlicher sind.

Welche präventiven Maßnahmen gibt es?

Als Lehrperson wird man Gewalt nie völlig aus dem Schulleben verbannen können. Es ist aber möglich, die Gefahr einzudämmen. Gewalt sollte in keiner Form toleriert oder bagatellisiert werden. Gleichzeitig müssen Lehrkräfte über die Unterschiede zwischen Konflikten, Mobbinghandlungen oder Gewalttaten Bescheid wissen. Kinder sollten bereits in der Grundschule lernen, dass ein Nein auch als solches zu verstehen ist. Die Grenzen des Gegenübers sind zu respektieren. Spätestens wenn die andere Person am Boden liegt, aus der Nase blutet oder sich nicht aus eigener Kraft aus ihrer Lage befreien kann, hat die Situation absolut nichts mehr mit Spaß zu tun. Gerade in den ersten Schuljahren wissen Kinder noch nicht, wie schnell aus harmlosen Situationen Ernst werden kann.

Im Unterricht können die Klassenlehrerinnen und -lehrer Beispiele für psychische und physische Gewalt nennen. Grundschulkinder sind sich selten über die Tragweite von seelischer Gewalt bewusst. Aus diesem Grund sollten Lehrkräfte deutlich machen, dass Gewalthandlungen nicht nur etwas mit Körperlichkeit zu tun haben. Auch Worte können innere Verletzungen hervorrufen.

Eine der wirksamsten Maßnahmen gegen Gewalt ist das eigenmächtige Verlassen einer riskanten Situation. Man kann einer Auseinandersetzung auf dem Schulhof aus dem Weg gehen oder eine Provokation ganz einfach ignorieren.

Was können Lehrerinnen und Lehrer zusätzlich tun?

Du kannst deiner Klasse beibringen, dass sich Konflikte ohne Gewalt lösen lassen. Man kann eine Sache kritisieren, ohne persönlich zu werden. Diese Differenzierung sollten auch Lehrkräfte beherzigen. 'Du kannst es einfach nicht, deshalb hast du eine schlechte Note gekriegt' ist ein unsachliches Feedback, welches die betreffende Person angreift. Sätze wie 'Die Note war nicht so gut, wie sie eigentlich hätte sein können' beziehen sich auf einen Sachverhalt, aber nicht auf die oder den Einzelnen.

Wenn Lehrpersonen auf Konflikte aufmerksam werden, die zu eskalieren drohen, sollten sie sich defensiv verhalten. Darüber hinaus ist Neutralität wichtig. Versuche, die Situation aus einer inneren Distanz heraus objektiv zu betrachten. Anschließend werden weitere Schritte zur Deeskalation eingeleitet.

Loyalität mit dem Opfer bietet nicht nur Schutz, sondern führt den Beteiligten das Verhältnis von Schuld und Unschuld vor Augen. Die passiven Hauptakteure sind niemals für ihre Situation verantwortlich. Wer sich als Lehrperson dem Opfer annimmt, signalisiert seine Hilfsbereitschaft. Ein Trennen beider Parteien ist noch keine Lösung des Konflikts, verhindert aber weitere Gewalthandlungen. Suche zunächst mit der oder dem Betroffenen einen Raum auf, in dem ihr allein seid. Dort kommt man besser zur Ruhe. Wenn sich die Lage etwas beruhigt hat, kannst du dein Gegenüber fragen, welche Art von Unterstützung er sich wünscht. Vielleicht reicht der räumliche Abstand aus. Andernfalls wird ein Gespräch mit der oder dem aktiv Beteiligten im Beisein der Lehrkraft gewünscht.

Traurigkeit, ein unerklärlicher Leistungsabfall oder auch blaue Flecken deuten nicht zwangsläufig auf Gewalt hin. Es ist nicht ratsam, bei solchen Auffälligkeiten direkt auf Gewalterfahrungen zu schließen und das betreffende Kind damit zu konfrontieren. Als Lehrperson kannst du das Gespräch dennoch auf deine Beobachtungen lenken und nachfragen, woher der blaue Fleck stammt oder weshalb sich die Noten so rapide verschlechtert haben. Möglicherweise bestätigt sich der Verdacht. Es kann aber genauso gut sein, dass andere Gründe dahinterstecken.

Der Wunsch der oder des Betroffenen ist unbedingt zu berücksichtigen. Manche Opfer von Gewalttaten möchten kein klärendes Gespräch mit den Tätern führen. Dann solltest auch du als Lehrperson von einem Gespräch mit den Beteiligten absehen.

Schlusswort

In vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gibt es Gewalt in psychischer und physischer Form. Schulen sind Bausteine unserer Gesellschaft. Deshalb kommt es auch auf dem Pausenhof oder im Klassenraum zu Gewalterfahrungen.

Selbst die besten Maßnahmen zur Vorbeugung werden Gewalt nie komplett aus der Welt schaffen können. Darüber müssen sich Lehrerinnen und Lehrer im Klaren sein. Sie sind aber in der Lage, die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler zu schärfen. Wer sensibilisiert durch den Schulalltag geht, kann Gefahrensituationen einschätzen und potenziellen Angreifern aus dem Weg gehen.

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