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Distanz oder Nähe – Position der Lehrkraft

6 min Lesedauer | 28.10.2024 | Nina

Zusammenfassung

Als Lehrkraft nimmt man zwei Positionen ein: Man ist sowohl Autoritäts- als auch Vertrauensperson. In diesem Text geht es um die Auswirkungen von zu viel und zu wenig Distanz im Verhältnis zwischen Lehrkräften und ihrer Schülerschaft.

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Lehrkräfte sind nicht nur Wissensvermittler, sondern gleichzeitug auch Lehrpersönlichkeiten mit einer Vielzahl an charakterlichen Eigenschaften. Selbstsicherheit, Resilienz oder die Fähigkeit zur Wissensvermittlung sind typische Beispiele. Solche Charakterzüge sind im Schulalltag eine Notwendigkeit, um den Anforderungen als Lehrkraft gewachsen zu sein.

Als Lehrkraft nimmt man zwei Positionen ein: Man ist sowohl Autoritäts- als auch Vertrauensperson. Lehrerinnen und Lehrer stehen bereits während des Referendariats vor der Herausforderung, beiden Aufgaben gleichermaßen gerecht zu werden. In diesem Text geht es um die Auswirkungen von zu viel und zu wenig Distanz im Verhältnis zwischen Lehrkräften und ihrer Schülerschaft. Die Konsequenzen wirken sich sowohl auf die Lehrkraft selbst als auch auf die Schülerinnen und Schüler aus.

Die optimale Position gelingt, indem Lehrerinnen und Lehrer Interesse an den Belangen ihrer Schülerschaft zeigen, aber dennoch kein 'freundschaftliches Verhältnis' aufbauen. Autorität und Zugänglichkeit müssen sich nicht ausschließen, sondern können sich im Unterrichtsgeschehen sinnvoll ergänzen.

Der Mittelweg zwischen Nähe und Distanz gestaltet sich im Schulalltag oft als sehr kompliziert. Sowohl Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst als auch erfahrene Lehrpersonen wissen, dass sich dieses Gleichgewicht nicht immer einhalten lässt. Das Alter der Schülerschaft beeinflusst das Verhalten der Lehrkraft. Gerade in den Grundschuljahren brauchen die Kinder ihre Lehrerinnen und Lehrer als Wissensvermittler ebenso wie als feste Bezugspersonen, denen sie ihre Sorgen und freudigen Erlebnisse erzählen dürfen. Darüber hinaus hat die Persönlichkeit der Lehrkraft Einfluss auf das Wechselspiel zwischen Professionalität und Emotionalität. Wer ein rationaler Charakter ist, hält tendenziell mehr Distanz als eine emotionale  Person.

In diesem Artikel erfährst du, wie du die optimale Position zwischen Nähe und Distanz im Umgang mit deiner Schülerschaft umsetzt. und was bei diesem notwendigen Spagat zu beachten ist.

Deine optimale Position als Lehrkraft – so gelingt sie dir

Als Lehrerin oder Lehrer nimmst du automatisch eine übergeordnete Position ein. In der Rolle als Fachlehrkraft oder Klassenleitung hast du Einfluss auf das Verhältnis zur Schülerschaft. Dein Auftreten bestimmt, wie dich deine Schülerinnen und Schüler wahrnehmen. Das Wechselspiel zwischen deiner Außenwirkung und ihrer subjektiven Wahrnehmung prägt den Umgang miteinander.

Lehrpersonen sind gleichzeitig Individuen mit unterschiedlichen Charakterzügen, Eigenschaften und persönlichen Hintergründen. Bei der Erörterung deiner eigenen Position als Lehrkraft helfen dir die folgenden Fragestellungen weiter:

  1. Welche Eigenschaften machen mich als Privatperson aus?
  2. Welche Charakterzüge machen mich als Lehrerin oder Lehrer aus?
  3. Wie möchte ich von meiner Schülerschaft als Lehrkraft wahrgenommen werden?
  4. Weiß ich, wie mich meine Schülerinnen und Schüler tatsächlich wahrnehmen?
  5. Bin ich mit meiner Position zufrieden oder wünsche ich mir mehr/weniger Distanz zur Klasse?
  6. Wie wirkt sich mein Maß an Distanz auf die Interaktion mit der Schülerschaft aus?

Berufliches und Privates lässt sich nicht immer strikt voneinander trennen. Jede und jeder von uns verhält sich am Arbeitsplatz anders als daheim. Trotz dieser Unterschiede im Verhalten ist man im Beruf kein vollkommen anderer Mensch – auch nicht als Lehrkraft. Bei der Analyse deiner charakterlichen Eigenschaften empfiehlt sich die Überlegung, welche von ihnen positiv oder weniger positiv sind. Diese kritische Betrachtung von sich selbst erfordert zwar etwas Mut, ist für die übrigen Fragen aber wichtig.

Neben der Selbstwahrnehmung spielt die Wirkung auf die Schülerschaft eine Rolle. Gehe einmal in dich und überlege, wie du von deinen Schülerinnen und Schülern wahrgenommen werden möchtest.

Es ist sinnvoll, die Begriffe 'Nähe' und 'Distanz' genauer zu definieren. Der Mittelweg zwischen Nähe und Distanz sorgt für ein professionelles Verhältnis zwischen Lehrer- und Schülerschaft: Die Lehrperson wird von den Schülerinnen und Schülern respektiert, gilt aber trotz ihrer Autorität als – im wörtlichen Sinn – nahbar. Kommt es dir darauf an, dass du für sie auf emotionaler Ebene erreichbar bist und Verständnis für ihre Anliegen oder Sorgen aufbringst? Oder hat für dich der professionelle Umgang Priorität?

Feedback vonseiten der Schülerschaft hat eine besonders hohe Aussagekraft. Wenn dir deine Schülerinnen und Schüler eine direkte Rückmeldung zu deinem Verhalten geben, erhältst du eine Antwort aus erster Hand. Leider bleibt für solche detaillierten Feedbackgespräche in der Schule nicht immer ausreichend Zeit. Wer als Lehrperson zwischen den Zeilen lesen kann, ist hier eindeutig im Vorteil. (Für einen ersten Eindruck könnt ihr am Ende des Schuljahres auch unser Lehrkräftezeugnis nutzen)

In Gesprächen mit den Schülerinnen und Schülern hören Lehrkräfte oft Aussagen, die Einblicke in ihre Wahrnehmungen zulassen. Die folgenden Sätze sind typische Schülerzitate:

'Mit Ihnen kann man über alles reden, auch wenn es nicht mit Schule oder Unterricht zu tun hat'.

'Andere von unseren Lehrern sind viel strenger'.

'Unsere Klassenlehrerin vom letzten Jahr konnte viel besser zuhören. Ihnen ist es wichtiger, dass wir im Unterricht viel schaffen'.

'Ich wollte mit Ihnen darüber reden, dass ich manchmal Angst habe, Ihnen eine falsche Antwort auf eine Frage zu geben, wenn ich etwas nicht weiß. Ich habe dann Angst, dass ich Ärger bekomme'.

Diese beispielhaften Aussagen lassen sich in Bezug auf die eigene Außenwirkung analysieren. Darüber hinaus eignen sie sich als Grundlage für die Frage, ob man als Lehrkraft mit dieser Wahrnehmung zufrieden ist: Möchte man für die Schülerinnen und Schüler ein Ansprechpartner sein, der auch für private Probleme ein offenes Ohr hat? Bringt man diese Zugänglichkeit durch ein zugewandtes Verhalten tatsächlich zum Ausdruck? Sieht man sich in erster Linie als Wissensvermittler? Macht man diese Position im Unterricht deutlich oder suchen die Klassenmitglieder trotzdem privaten Kontakt?

'Wie wirkt sich mein Maß an Distanz auf die Interaktion mit der Schülerschaft aus? Lässt sich meine Position mit dem goldenen Mittelweg zwischen Nähe und Distanz vereinbaren?' - es ist wichtig, die Auswirkungen von zu viel oder auch zu wenig Distanz in der Interaktion mit den Schülerinnen und Schülern zu kennen. Distanzierte Lehrpersonen nehmen einen Abstand zu ihrer Schülerschaft ein. Dieser emotionale Rückzug vollzieht sich auf bewusster oder unbewusster Ebene. Viele Lehrkräfte sind sich ihres Verhaltens gar nicht im Klaren. Aus der professionellen Distanz wird eine Distanziertheit: Auf emotionaler Ebene haben Lehrkräfte und Schüler keine Berührungspunkte. Dieser fehlende persönliche Bezug wirkt sich auf den Umgang miteinander aus.

Eine zu distanzierte Lehrkraft wird von den Schülerinnen und Schülern als kompetenter Vermittler von Fachwissen, aber nicht in jedem Fall als Vertrauensperson wahrgenommen. Die Schülerschaft verhält sich ihr gegenüber gehemmt und voreingenommen, da die Lehrperson auf sie unnahbar wirkt. Auf der anderen Seite nehmen distanzierte Lehrerinnen und Lehrer Probleme von einzelnen Klassen- und Kursmitgliedern oftmals nicht wahr oder gehen nicht auf ihre Sorgen ein. Bei den Betreffenden bleibt das Gefühl zurück, von der Lehrkraft im Stich gelassen zu werden.

In Ratgebern oder Sachbüchern wird mangelhafte Distanz oft mit dem Prototyp des 'kumpelhaften' Lehrers gleichgesetzt. Dieser Aspekt deckt jedoch nur einen Bruchteil der Problematik ab. Wer als Lehrerin oder Lehrer zu wenig Distanz bei der Interaktion mit der Schülerschaft walten lässt, wird nicht mehr als Respektsperson betrachtet. Das professionelle Verhältnis zwischen Lehrkraft und Klasse entwickelt sich zu einem ungezwungenen Umgang, bei dem eine gesunde Hierarchie verloren geht. Infolgedessen werden Anweisungen von der Lehrperson weder befolgt noch umgesetzt. Zudem besteht die Gefahr, dass die Grenzen zwischen Schul- und Privatleben aufgehoben werden. Diese Situation entsteht, wenn die Schülerinnen und Schüler ihren Lehrer außerhalb der Schulzeiten besuchen.

Praktische Tipps für den Schulalltag

Im täglichen Umgang mit der Schülerschaft stehen Lehrerinnen und Lehrer vor der ständigen Herausforderung, die ideale Mitte zwischen Nähe und Distanz einzuschlagen. Die folgenden Tipps sollen dir im Schulalltag als Richtlinie dienen.

Vor allem in den Grundschuljahren ist der Austausch mit der Lehrkraft für die Schülerinnen und Schüler sehr wichtig. Signalisiere der Schülerschaft unabhängig von ihrem Alter deine Bereitschaft zum Gespräch. Diese Offenheit macht dich zugänglich, ohne deine Autorität als Lehrperson zu mindern. Lehrerinnen und Lehrer dürfen Interesse an den Lebenswelten ihrer Schülerschaft zeigen. Diese Zugewandtheit ist grundsätzlich wünschenswert. Private Besuche außerhalb der Schulzeit gehen jedoch über das normale Maß hinaus. Einladungen zu schulinternen Veranstaltungen wie Klassenfesten dürfen gerne angenommen werden. Anfragen nach privaten Treffen außerhalb der Schulzeiten sind hingegen abzulehnen.

Wenn dich Klassenmitglieder zu Hause besuchen wollen oder dies sogar tatsächlich tun, solltest du ihnen die Grenzen zwischen Schulalltag und Privatleben ins Gedächtnis rufen. So lernen auch die Schülerinnen und Schüler professionelle Distanz.

Ein weiterer Aspekt ist die Kommunikation auf sachlicher Ebene. Sollten einzelne Mitglieder aus der Klasse dich mit deinem Vornamen ansprechen oder Details über dein Privatleben erfahren wollen, kommt es auf eine sachliche Distanz an. Teile den Betreffenden mit, dass du für sie ausschließlich Lehrerin oder Lehrer, aber kein Mitglied aus dem Freundeskreis bist. Diese Aussage sollte freundlich, aber bestimmt getätigt werden.

Ein gesundes Maß an innerer Distanz ist für Lehrerinnen und Lehrer aus einem anderen Grund notwendig. Der innere Abstand zu den schulischen Belangen ermöglicht ihnen einen Ausgleich zwischen beruflichen und privaten Angelegenheiten. Freie Minuten am Wochenende oder nach Feierabend lassen sich für eine Reflexion nutzen: Ist mir die ideale Mitte zwischen Nähe und Distanz (besser) gelungen? Wo war ich zu distanziert? Wo habe ich zu wenig inneren Abstand an den Tag gelegt? Das Hinterfragen der eigenen Position als Lehrkraft sensibilisiert für mögliche Fallstricke, welche vom optimalen Mittelweg ablenken.

Schlusswort

Ein zu distanziertes Verhältnis zur Schülerschaft hat ebenso negative Auswirkung wie zu wenig innerer Abstand. Zu viel Distanz ist genauso von Nachteil wie zu viel Nähe oder ein Übermaß an Emotionalität. Mit deiner Grundeinstellung zum Lehrberuf nimmst du Einfluss auf das Verhältnis zwischen dir und der Schülerschaft. Der Mittelweg zwischen Nähe und Distanz ist ideal. Im Schulalltag dient er vielmehr als Richtwert für das eigene Verhalten. Ein stringentes Einhalten des Mittelwegs ist nicht immer möglich. Manche Situationen erfordern mal mehr, mal weniger Professionalität oder Emotionalität. Dieser Tatsache sollte man sich bereits während des Referendariats bewusst sein.

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